Marokko 2019
Unsere Geschichte zu Marokko begann schon vor einigen Jahren. Eigentlich sogar mit den Anfängen unserer Motorradreisen. 2014 unternahmen wir unsere zweite grössere Reise. Sie führte uns nach Spanien. Um dorthin zu kommen, nahmen wir die Fähre von Genua nach Barcelona. Als wir am Hafen am Warten waren, parkten immer mehr voll bepackte Autos (und ich meine unvorstellbar vollgepackt) neben uns und die Fahrer waren meist arabischer Natur. Wir fragten uns immer mehr, ob wir vor der richtigen Fähren standen. Irgendwann begriffen wir, dass diese Fähre nur einen Zwischenstopp in Barcelona einlegen würde und ihr Ziel eigentlich Tangier, Marokko war. Als wir einstiegen, sass dort ein junges Pärchen Motorradfahrer mit coolen Endurostiefeln. Sie sahen total nach Abenteuer aus. Wir fanden die zwei so cool, dass seither Marokko gross bei uns auf der Liste stand. Auch die arabischen Mitpassagiere an Bord fanden wir sehr spannend und wir fühlten uns gleich wie in einer anderen Welt.
Dieses Jahr war es nun soweit. Wir stiegen nicht in Barcelona aus, sondern fuhren weiter nach Tangier. Schon vor der Fähre lernten wir Uwe kennen. Er ist Deutscher, war alleine mit seiner Suzuki V-Strom unterwegs und wir waren uns auf Anhieb sympathisch. So verbrachten wir schon auf der Fähre, wie auch danach auf dem ersten Camping Zeit miteinander.
Wie auf all unseren Reisen hatten wir auch dieses Mal nicht vor, uns an den Sehenswürdigkeiten zu orientieren. Wir wussten von Anfangn an, dass wir definitiv nicht nach Marrakesch und Merzouga gehen werden. Wir sind uns sicher, dass dies schöne Orte sind, aber für unseren Geschmack sind die Sehenwürdigkeiten immer zu sehr mit Touris überloffen. Da Marokko ein Land ist, wo man noch offroad fahren kann, organisierten wir uns einen geeigneten Offroad-Führer. Fündig wurden wir bei MDMOT Offroad-Strassen Tourenführern. Herausgegeben werden diese Bücher von Dana und Martin. Sie erstellen diese Bücher mit vielen liebevollen Details. Die Beschreibungen der Routen sind sehr gut und auch die GPS-Tracks sind sehr praktisch. EInige der Strecken wollten wir ausprobieren. Welche das sein werden, war zu Beginn noch offen.
Schnell fanden wir uns in Marokko zurecht. Die Strassenkarte stimmte recht gut mit der Realität überein un wir merkten, dass wir einfach den kleinen Strassen auf der Karte folgen konnten und diese immer wieder eine Überraschung in Form vom Schotter-Passagen, schönste Aussichten und kleine Dörfer bereithielten. Immer mehr machten uns diese Strassen Spass. Sie sind einfach zu fahren und doch muss man konzentriert sein und bei Gegenverkehr meist auf Schotter ausweichen. Schon da bemerkte ich den Endurokurs, den wir im Sommer absolviert hatten.
Da wir auch ein wenig Wüstenfeeling erhaschen wollten und uns generell die Region mehr interessierte, hielten wir uns meist auf der östlichen Seite des Atlas Gebirges auf. Für unsere Verhältnisse zügig fuhren wir auf den Nebenstrassen in Richtung Süden. Nachdem wir zufälligerweise eine kurze Strecke aus unserem Buch gefahren waren, entschieden wir uns, eine Tagestour zu versuchen. Sie war zwar nicht lang (66km) aber sie schien eher anspruchsvoll zu sein (hätte ich gewusst wie anspruchsvoll, wäre ich sie wahrscheinlich nicht gefahren). Wir liessen also unser Gepäck auf dem Camping und starteten im späteren Vormittag unser Abenteuer. Sie begann recht einfach, doch schon nach zwei/ drei Kilometern, ging es steil einen Berg hinauf, die enge Fahrspur war dort voller grosser Steine. Nach dieser Hürde ging es weiter mit Sand und noch mehr Sand, meist bei ausgetrockneten Flussdurchfahrten. Schon nach 12km lagen wir müde und klitschnass unter einem Baum und überlegten uns ob wir nach vorne oder zurück wollten. Da wir nicht nochmals durch den Sand wollten, gab es nur eine Richtung, nach vorne. Schnell merkten wir, dass neben der Piste fahren häufig einfacher war, als auf der Piste. Die Route führte imme weiter hinauf ins Atlasgebirge. Über sehr grobe Schotterwege, Felstreppen und leichtes Geröll ging es stetig bergauf auf knapp 2000 Höhenmeter. Die Aussicht war grandios! So schwierig wie es war nach oben zu kommen, war es dann auch auf der anderen Seite des Berges wieder hinunter zu kommen. Durch die grossen Anstrengungen machten wir alle 10km eine grössere Pause, damit wir uns erholen konnten, um die ganze Strecke zu schaffen. Irgenwann merkten wir, dass uns die Zeit ein wenig davon lief. Wir mussten Gas geben, wenn wir vor Anbruch der Dunkelheit wieder auf befestigtem Weg sein wollten. Also ging es weiter bergab über alle möglichen Untergründe. Kurz vor der Dunkelheit schafften wir es wieder auf die Hauptstrasse, die uns zurück auf den Zeltplatz brachte. Für die 66 km haber wir über 6 Stunden gebraucht! Für mich persönlich war diese Strecke mit Abstand die schwierigste, die ich je gefahren bin. Ohne den Endurokurs vom Sommer wäre ich vor dem ersten Hang schon umgedreht. Trotz 6 Stürzen machte mir die Strecke grossen Spass und ich lernte enorm viel. Meine Kämpfernatur kam heraus und einige Male kämpfte ich stark gegen den Berg. Mit ein paar Schrammen am Motorrad und einigen blauen Flecken kamen wir bei Dunkelheit zurück zum Zeltplatz. Dort wartete ein super leckeres Freiburger- Vacherin- Fondue auf uns (ein Geschenk). Also gönnten wir uns bei noch immer 40 Grad und viel Hunger in der Wüste unter Palmen ein Fondue. :-D
In Tafraoute bekamen wir unerwarteten Besuch von Uwe. Wir freuten uns sehr ihn zu sehen und planten gleich eine kurze Offroad-Tour für den nächsten Tag. Da Uwe noch fast keine Erfahrung im Gelände hatte, übten wir die Grundpositionen gemeinsam. Es machte mir grossen Spass, das Erlernte vom Endurokurs schon weitergeben zu dürfen. So waren wir dann einige Tage zu dritt unterwegs und genossen die Zeit in Gesellschaft. Da Uwe etwas länger Zeit hatte als wir, trennten sich unsere Wege, als wir Richtung Norden fahren mussten, um stressfrei unsere Heimreise antreten zu können.
Wir lernten Marokko als wundervolles und extrem vielseitiges Land kennen. Es war für uns das erste muslimische und arabische Land. Wir fühlten uns beide immer sehr wohl und gut aufgehoben. Die Leute waren sehr freundlich und wir wurden kein einziges Mal belästigt und man versuchte uns auch nicht, etwas aufzuschwatzen. Speziell beeindruckt hat uns das einfache Leben auf dem Lande. Im Norden gibt es viele öffentliche Wasserhähne, an denen die Leute ihr tägliches Trinkwasser holten. Oft kamen sie mit Eseln daher, die zwei grosse Kanister oder Amphoren schleppten. Generell ist der Esel auf dem Land das Fortbewegungsmittel Nummer eins. Das Leben scheint noch sehr hart und einfach zu sein. Und doch scheint etwas im Wandel zu sein. Der aktuelle König Mohammed VI legt grossen Wert auf Schulbildung und versucht ein flächendeckendes Schulsystem aufzubauen. Jungs wie auch Mädchen pilgern täglich von weit her in die Schule.
Um einkaufen zu gehen, geht man auf den Makt. Jede grössere Ortschaft hat mindestens zwei Markttage in der Woche. Meist merkt man dies schon von weit her am Verkehr. Alle gehen mit ihren Waren auf den Markt. Da wir fast immer selber gekocht haben, mussten auch wir auf den Markt einkaufen gehen. Das Angebot ist meist gross und lokal. Für ein Gericht suchten wir nach Zitronen (die gab es vorher überall) und fragten auf einem Markt danach. Wir bekamen nur ein Stirnrunzeln und bekamen dafür kiloweise Äpfel angeboten. Wie schon auf anderen Reisen wird der Speiseplan dem lokalen Angebot angepasst. Milchprodukte waren eine absolute Rarität. Nur in grösseren Läden fanden wir diese und wegen den hohten Temperaturen verzichteten wir meist sowieso darauf. Dafür war die Gewürz- und Gemüseauswahl meist gross und man konnte kaum widerstehen.
Wir übernachteten abgesehen von einer Wildcampingnacht immer auf Campingplätzen. Diese sind recht gut verteilt im Land und immer in einer Tagestour erreichbar. Meist bezahlten wir 7-8 Fr. pro Person pro Nacht. Die Infrastruktur war meist einfach, zweckmässig und sauber.
Marokko hat uns extrem gut gefallen und wir wären noch gerne sehr viel länger geblieben. Leider gehen alle Ferien mal vorbei und so mussten auch wir zurück. Am letzten Tag vor der Rückreise hatte ich noch einen kleinen Auffahrunfall. Die Strasse in Tetouan war so extrem rutschig, dass ich vor einem Fussgängerstreifen nicht mehr bremsen konnte. Ich hatte Abstand genug, dass ich auf normaler Strasse mit leichtem Bremsen hätte anhalten konnte. Auf dieser Strasse setzte sofort mein ABS ein und ich rutschte in das Auto vor mir und fiel um. Mit 50 Euro war das Problem am Auto gelöst und mein Motorrad schien wiedermal nicht viel abbekommen zu haben. Auf dem Camping stellte ich fest, dass mein Koffer nach innen gebogen wurde, sodass er nicht mehr dicht ist. Später zuhause merkte ich, dass das Alu an den Halterungen sogar gerissen war.
Wir wussten noch nicht, dass diese Reise unsere letzte grössere vor unserem Abenteuer Weltreise sein sollte. Sicher ist auf jeden Fall, dass dies nicht der letzte Besuch in Marokko war. Es ist ein wundervolles Land, mit atemberaubender Natur, freundlichen Menschen und voller Abenteuer, wenn man danach sucht!
PS: Marokko würde ich auch als Frau bedenkenlos alleine bereisen.