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2 Motorradreisen vs Vanlife

Kolumbien 2023

Während unserer ganzen Reise kam uns immer wieder der Gedanke, wie einfach es doch wäre mit einem Van, einem Bus unterwegs zu sein. Wir hatten einige Vanreisende getroffen und alles schien einfacher zu sein, wenn man mit einem Van statt mit einem Motorrad unterwegs ist. So richtig gemerkt hatten wir dies vor allem einmal, als wir spontan kurz nach der Grenze ein deutsches Pärchen mit einem Van getroffen hatten, welche wir schon kannten. Wir brauchten alle noch eine Versicherung für unsere Fahrzeuge, aber die Versicherungsagentur hatte schon geschlossen. Also suchten wir zu viert nach einem Campingplatz. Dies war recht schwierig und es wurde schon langsam dunkel. Als wir dann doch noch einen Platz gefunden hatten, meinten sie zu uns, wir sollen uns doch einrichten und unser Zelt aufstellen, sie würden heute für uns kochen. Gerne nahmen wir die Einladung an und machten uns daran, unser Zelt aufzustellen und alles einzurichten. Sie hingegen setzten sich hin, öffneten den Gasherd, begannen Gemüse zu schneiden und Wasser für die Nudeln aufzukochen. Als wir fertig waren mit dem Aufstellen, war das Abendessen auch schon bereit. Dies war einer der Momente in denen wir merkten, dass unsere Art zu reisen viel Zeit braucht. Jedes Mal Zelt aufstellen und einrichten dauert fast eine Stunde und das selbe nochmal beim Verpacken. Wenn wir mittags am Strassenrand anhalten und uns eine Suppe oder einen Kaffee machen wollen, öffnen wir mindestens drei Taschen, müssen alles wieder abwaschen (dafür muss nochmals eine Tasche geöffnet werden) und bevor wir alles wieder verpacken können, muss der Kocher auch wieder abgekühlt sein. Ausserdem ist dies recht blöd, wenn es in diesem Moment gerade anfängt zu regnen, was übrigens gerne mal vorkommt. Mit dem Van sieht das anders aus. Man öffnet den Gasherd, öffnet die Schranktür für die Utensilien, kocht, und kann notfalls auch mal nicht abwaschen und alles einfach in die Spüle oder ins Abwaschbecken legen. Falls es zu regnen anfängt, ist dies auch kein Problem, da man ja drinnen sitzen kann. Dies waren unsere Vorstellungen vom Vanlife, dem Leben im Van, von dem man viele romantische Fotos in den Sozialen Medien findet.

Normalerweise entscheidet man sich für eine Art zu reisen und hat vor allem auf der selben Reise, meist nicht die Möglichkeit ein anderes Fahrzeug auszuprobieren. Wir können uns zu den glücklichen Ausnahmen zählen, denn wir haben die Chance bekommen, das Vanlife auszuprobieren. Das schon erwähnte Pärchen aus Deutschland hatten wir einige Male getroffen und sie kamen uns in unserem Häuschen in Kolumbien besuchen. Dort erzählten sie uns von ihren Plänen, eine Zeit nach Deutschland zurück zu gehen, um Geld zu verdienen, damit sie dann ihre Reise fortsetzen können. Dafür müssten sie aber ihren geliebten Van zurück lassen. In diesem Gespräch kam die Idee, dass wir für diese Zeit den Van übernehmen und unsere Motorräder einstellen könnten. Da wir sowieso recht müde waren vom Reisen, war diese Idee absolut perfekt für uns und sie hatten den Vorteil, dass ihr Van bewegt wird und keine Standschäden bekommt.

Der Bus war an der Grenze zu Ecuador eingestellt, wo wir ihn gegen unsere Motorräder eintauschen konnten. Wir freuten uns riesig auf etwas mehr Komfort und auf eine andere Reiseart. Zuerst ging es für uns nochmal nach Ecuador. Da man in Ecuador die Nationalparks nicht mit Motorrädern besuchen kann, wollten wir dies nun mit dem Van nachholen. Unser erstes Ziel war eine Lagune auf über 4'000müM. Und schon dort entdeckten wir den ersten Vorteil eines Vans. Es war wunderschön dort oben, aber auch sehr windig und es wurde abends schnell kalt. Dies war kein Problem mit dem Van. Wir konnten drinnen kochen und auch gemütlich drinnen sitzen und durch die Fenster konnten wir sogar noch raus schauen. Auch auf der Schottenstrasse am nächsten Tag, merkten wir, wie einfach es mit einem Van sein kann, wenn man nicht umfallen kann und kein 300kg-Motorrad über Stock und Stein manövrieren muss. So sind grobe Schotterstrassen eigentlich problemlos machbar. Auch als es anfing zu Regnen, waren wir froh den Bus zu haben.
Auf dieser Strecke entdeckten wir die Pflanze Frailejón (deutsch Espletia), eine Pflanze, die es nur im nördlichen Südamerika gibt und die ihren Lebensraum ab 3000müM hat. In Kolumbien wurde Ernesto Pérez, der Frailejón durch die Fernsehsendung für Kinder „Cuentos mágicos“ (Magische Erzählungen) bekannt, da er für den Umweltschutz und vor allem fürs Wassersparen plädiert.

Nach den Frailejones fuhren wir zum Nationalparkt Cotopaxi, mit dem gleichnamigen Vulkan. Der Cotopaxi Vulkan ist 5897m hoch und zählt zu den aktivsten Vulkanen der Erde. Auch im Moment hat er wieder erhöhte Aktivität, sodass es im Moment verboten ist, ihn zu besteigen. Aber besuchen kann man den Nationalpark zum Glück trotzdem. Als wir letztes Mal mit den Motorrädern daran vorbei fuhren, sahen wir nur Wolken und Nebel und es war weit und breit kein Vulkan zu sehen. Diesmal konnten wir ihn aber schon vor dem Nationalpark bestaunen und auch die zwei Tage im Nationalpark zeigte er sich immer wieder durch die Wolkendecke hindurch. Ein eindrückliches Bild!

Weiter gings zum Kratersee Quilotoa. Dies ist ein See mit rund 3km Durchmesser im Krater eines Vulkans. Dieser soll im Jahr 1280 das letzte mal ausgebrochen sein, mit einer so grossen Intensität, dass sein Lavastrom sogar den pazifischen Ozean erreicht hat, der über 200km entfernt ist. Seither gab es keinen Ausbruch mehr, und der Krater hat sich in einen See verwandelt. Heute ist er sein sehr beliebtes Ausflugsziel. Da uns die Bewegung im Van massiv fehlt, machten wir eine Tageswanderung um den Kratersee herum. Diese war anstrengender als gedacht, da der See auf knapp 4000müM liegt und die Luft nicht mehr ganz so viel Sauerstoff enthält, wie wir es uns gewohnt sind. Trotzdem war es eine wunderschöne Wanderung und wir genossen die Aussicht auf diesen speziellen Kratersee in vollen Zügen.

Unsere Zeit in Ecuador war nur sehr begrenzt, denn wir wollten zurück nach Kolumbien, um dieses Land besser kennen zu lernen. Da wir nun schon zwei Mal an der Hauptgrenze waren, wollten wir einen anderen Grenzübergang testen, der weiter im Osten und somit im tropischen Oriente lag. Und auch hier waren wir froh, dass wir den Van hatten und nicht die Motorräder. Östlich der letzten Bergkette der Anden wird es in diesen Breitengraden schnell sehr heiss und tropisch. Wir kannten dieses Klima ja bereits von Brasilien her, jedoch war es diesmal eher ein Schock, da wir von den kalten Bergen her kamen und somit von einem Tag zum anderen in die tropische Hitze geworfen wurden. Somit waren wir froh, dass wir die Motorradklamotten nicht anziehen mussten und stattdessen einen Bus mit Klimaanlage hatten, die wir in den heissesten Nachmittagsstunden auch mal laufen lassen konnten. In dieser Region fühlten wir uns wieder wie in Brasilien. Die überaus üppige Vegetation erinnerte uns stark an die vielen Monate in Brasilien und es war schön, in diesen Erinnerungen zu schwelgen.

Der Grenzübergang ging wie überall erstaunlich gut und unkompliziert, nur das Internet war etwas schwach, um die notwendigen Dokumente hochzuladen. Und schon waren wir wieder zurück in Kolumbien. Nun mussten wir unbedingt noch die obligatorische Fahrzeugversicherung lösen. Da es Samstagmorgen war, wurde die Zeit knapp und als wir erst am Nachmittag bei der Versicherungsagentur ankamen, war diese natürlich schon fürs Wochenende geschlossen. Am Kiosk daneben teilte man uns ausserdem mit, dass am Montag noch Feiertag sei und sie erst am Dienstag wieder öffneten. Nun gut, ohne diese Versicherung konnten wir nicht weiter fahren, also mussten wir die drei Tage wohl oder übel in Mocoa verbringen. Über Mocoa wussten wir nichts, der erste Eindruck war grundsätzlich gut und an einem schönen Übernachtungsplatz am Fluss lässt es sich eigentlich auch gut drei Tage bleiben. Da wir ja genug Zeit und einen Bus hatten, fuhren wir auch noch einen anderen Übernachtungsplatz am Fluss an, wo wir zusammen mit der Lokalbevölkerung super baden konnten. Wir waren absolut zufrieden in Mocoa. Auch die Ortschaft schien wirklich nett zu sein und da wir am Montag nichts besseres zu tun hatten, machten wir noch eine kleine Wanderung ans „Ende der Welt“ (Fin del mundo), an einen Fluss im Dschungel mit diversen Becken in denen man baden konnte. Am Schluss gab es einen 80m hohen Wasserfall den man über die Kante begutachten konnte, dies aber nur mit einem Seil gesichert, dass man auch sicher nicht runterfallen konnte. Solche Touren machen wir eigentlich nie, aber sie war an diesem Tag eine tolle Abwechslung und es hat auch mal richtig Spass gemacht.
Am Dienstagmorgen konnten wir dann auch die Versicherung lösen und waren somit wieder frei weiter zu fahren.

Unser nächstes Ziel war die Kaffeeregion südlich von Medellín. Kolumbien ist einer der Hauptexportländer für Kaffee und obwohl sich der Anbau in ganz Kolumbien ausgebreitet hat, ist das Eje cafetero (Kaffeegürtel) die Hauptanbauregion. Ausserdem ist die bekannt für die schönen, farbenfrohen Dörfer und dem bunten Treiben, welche dieser Region einen sehr speziellen Charakter verleiht. Die Kombination von Kaffee und den Kaffeetouren, die man auf örtliche Fincas machen kann und die schönen Ortschaften machen diese Region zu einem Tourismusmagnet. Wir gingen aber nicht nur wegen dem Kaffee und den schönen Ortschaften dorthin, sondern vor allem, um Freunde von uns dort zu Treffen. Wir haben Stefan und Kathrin vor einiger Zeit auf dem Campingplatz in Barichara kennen gelernt. Sie kommen aus Deutschland, leben in Kanada und haben den selben Van wie wir. Dies ist recht speziell, das dieser Van nie nach Südamerika exportiert wurde, rund 25 jährig ist und rechts gelenkt wird. Somit hatten wir wahrscheinlich das erste Mitsubishi Delica L400 Treffen in Südamerika. Wir hatten uns in Barichara sofort super mit den beiden verstanden und wir merkten schnell, dass wir einige Gemeinsamkeiten haben. Kathrin designt beruflich Charaktere für animierte Filme und hat mich zum zeichnen inspiriert. Als wir beide einige Charaktere entworfen hatten, liessen wir sie auch gleich als Sticker ausdrucken und hatten grosse Freude, unsere Werke in den Händen zu halten. Mit ihnen gemeinsam erkundeten wir die Kaffeeregion, probierten Kaffee und versuchten herauszufinden, was uns genau schmeckt und zogen gemeinsam etwas weiter Richtung Süden, wo wir uns leider wieder verabschieden mussten.

Wir haben auf unserer Reise relativ wenig andere Reisende getroffen. Entsprechend selten sind für uns auch solche Freundschaften. Wir genossen es sehr, für einige Tage Gesellschaft zu haben und wären gerne auch noch länger mit den beiden unterwegs gewesen.

Doch unser Weg führte uns zurück nach Bogotá, wo wir ein paar Dinge zu erledigen hatten. Glücklicherweise erfuhren wir, dass genau an diesem Wochenende in Bogotá das grösste Rock-Festival Lateinamerikas stattfand. Da mussten wir natürlich hin! Die Stadt Bogotá organisiert jedes Jahr 5 verschiedene Festivals im grossen Stadtpark mit jeweils einer anderen Musikrichtung. Und das beste an diesen Festivals ist, dass sie komplett gratis sind! Wir waren absolut begeistert. Auf der Bühne kamen regionale, wie aber auch international bekannte Künstler aus ganz Lateinamerika und die Organisation war mindestens so gut, wie an einem Festival in der Schweiz. Es machte uns grossen Spass, wiedermal an einem Festival dabei zu sein und sich Teil von etwas zu fühlen. Als Reisende fällt man immer auf, man ist immer der Ausländer und passt selten irgendwo rein. Hier in der Masse zu verschwinden, sogar einige Lieder mitsingen zu können und die Konzerte geniessen zu können, tat unglaublich gut.












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