Vor unserer Reise haben wir uns überlegt, wie wir reisen möchten. In unseren vergangenen Reisen haben wir gemerkt, dass 'nur' unterwegs zu sein nicht das richtige für uns ist. Nach ein paar Wochen kam bei uns immer der Gedanke auf, warum machen wir das ganze eigentlich? Versteht mich bitte richtig, es geht nicht darum, dass es uns langweilig werden würde oder dass es uns nicht gefällt, aber irgendwie fehlte uns so ein bisschen der Sinn dahinter. Für Ferien reichte uns das vollkommen aus, aber für unsere Reise wollten wir doch etwas mehr. Auch haben wir die Erfahrung gemacht, dass man unterwegs nur einen sehr kleinen Teil der Kultur und des Landes erfassen kann. Diesmal wollten wir uns auf etwas anderes einlassen und das Modell work and travel (arbeiten und reisen) für uns ausprobieren.
Wir haben uns für das Modell freiwillige Arbeit entschieden. Dabei gehen wir von Zeit zu Zeit zu jemandem nach Hause und helfen bei der täglichen Arbeit. Meistens arbeiten wir den halben Tag und bekommen dafür Unterkunft und Kost. Dies ist meistens die Grundlage für diesen Austausch. Neben der Arbeit verbringt man natürlich viel Zeit mit dem Gastgeber und gestaltet bei gleichen Interessen auch die Freizeit zusammen.
Für work and travel gibt es viele verschiedenen Websites. Das Angebot ist aber bei allen in etwa gleich. Hosts (Gastgeber) und die Volunteers (Helfer) melden sich jeweils an, erstellen ein Profil mit möglichst genauer Beschreibung, was man möchte, erwartet und bieten kann und natürlich gehören Fotos mit dazu. Und dann kann man sich gegenseitig kontaktieren und falls es passt einen Zeitraum vereinbaren.
Wir haben unsere Hosts hauptsächlich über die Plattform Workaway gefunden, hatten aber auch einen Einsatz über helpx. Der erste Unterschied sind die Kosten. Workaway kostet 56 US$ pro Jahr für ein Paar und 44 US$ für eine Einzelperson. Dies ist relativ teuer, denn helpx kostet nur 20 Euro für zwei Jahre. Jedoch ist die workaway Webseite unserer Meinung nach um einiges besser gestaltet, was auch die Such- und Filterfunktionen anbelangt und es scheint die professionelere Seite zu sein.
Bevor du dich ins Abenteuer stürzt solltest du dir einige Dinge überlegen:
Was kann ich jemandem bieten? Welche Fähigkeiten habe ich?
Was möchte ich lernen/ sehen/ erleben?
Wie hart bin ich bereit zu arbeiten?
Was ist meine Arbeit wert?
Wir empfinden den Austausch beim Volunteering als sehr bereichernd. Es gibt leider aber viele Volunteers, die das Gefühl haben, sie können gratis Ferien machen und viele Hosts, die gerne möglichst billige Arbeitskräfte suchen. Deshalb ist es wichtig, sich im Vorfeld zu überlegen, das man bieten kann/ möchte und was man dafür einfordern kann. Ich finde es nicht richtig, wenn ein Volunteer 10 Stunden täglich hart arbeitet (zum Beispiel als Erntehelfer) und dafür nur Frühstück und einen Platz für sein Zelt bekommt. Ebenso unfair finde ich es, wenn ein Volunteer am morgen nie püntklich erscheint, sich konstant über die Arbeit beklagt und sich lieber in der Sonne bräunen lässt als zu helfen und dafür ein eigenes Zimmer und komplette Kost bekommt.
Diese Dinge sollte man vor einem Einsatz gut miteinander besprechen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wenn man gerne hilft und motiviert ist, es sich auch auszahlt und die Hosts auch bereit sind vieles zu geben und auch mal etwas Spezielles zu machen oder zu teilen.
Meistens sind die Arbeiten relativ einfach. Häufig geht es um Mithilfe im Garten oder beim Bauen, Reinigung in Hostels, Kinderbetreuung, Hilfe beim Ernten und andere landwirtschaftlichen Arbeiten, die eventuell auch Tiere beinhalten. Diese Arbeiten sind meist nicht schwierig, aber körperlich anstrengend und man macht sich sehr oft die Hände schmutzig. Wer dies nicht will, ist beim Volunteering wahrscheinlich am falschen Ort. Auch eigene Projekte können unserer Erfahrung nach gut umgesetzt werden, solange man eine tolle Idee hat und motiviert ist diese umzusetzen. Da wir beide Schreiner sind, konnten wir bis jetzt immer eigenen Projekte vorschlagen, planen und umsetzen. Meist hat der Host uns geholfen statt wir ihm. Auch hier geht es nur um den Willen und die Lust etwas zu machen.
Eine sehr wichtig Fähigkeit, die man mitbringen sollte ist die Anpassungsfähigkeit. Man kommt in eine Familie/ Gemeinschaft und muss sich dort sofort anpassen und zurecht finden. Jeder Host ist natürlich anders, hat andere Prioritäten, andere Arbeitsvorstellungen und hat eine andere Lebenseinstellung. Auch die persönlichen Ansprüche muss man zurück schrauben und das beste aus dem machen, was zur Verfügung steht. Für uns ist dies bezüglich Werkzeug und Material eher schwierig. Wir sind uns gewohnt das wahrscheinlich qualitativ hochwertigste Material und auch alle Werkzeuge in bester Qualität zu haben. Hier haben wir oft schlechte Schrauben oder sogar nur Hammer und Nägel und müssen versuchen, mit dem klar zu kommen. Aber auch das ist ein guter Lernprozess für uns.
Neben all den tollen Begegnungen und dem Lernen und Anpassen lernt man auch die grossen Probleme der Hosts kennen. Man bekommt einen realen Einblick in ihr Leben und somit in das Leben vor Ort mit allem, was dazu gehört.
Ein sicherlich wichtiger Punkt sind auch die Reisekosten. Solange man am Helfen ist, braucht man eigentlich kein Geld. Wir hatten Reisemonate in denen wir keine 100Fr. Ausgegeben haben. So kann man natürlich die Reisezeit extrem verlängern, da man Kosten spart.
Wir haben meist positive Erfahrungen gemacht und sind froh, dass wir uns für diese Reiseart entschieden haben. Wir sind als gelernte Handwerker sehr beliebt, sodass wir immer wieder Anfragen bekommen und auch schon einige Angebote ablehnen mussten. Wir versuchen uns die Hosts gut auszuwählen und uns zu überlegen, was wir lernen möchten, oder welche Lebensart uns anspricht. Auch das Geben und Nehmen muss für uns ausgeglichen sein. Das beste ist, dass man grundsätzlich beidseitig keine Verpflichtung eingeht und jederzeit wieder gehen kann, falls es nicht passt.
Ich glaube, wir haben in unsere Zeit als Volunteers schon viel gelernt und gesehen und durften viel Positives mit auf unsere weitere Reise nehmen. Es ist oft nicht ganz einfach sich anzupassen und sich so schnell auf ein neues Leben einzulassen, aber ich glaube, dies sind gute Fähigkeiten, um sie noch weiter zu trainieren und auszubauen.
Und das schönste sind natürlich die Freundschaften die entstehen.
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