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Chile und die RUT


Als Reisende in Chile wird man spätestens beim ersten Einkauf im Supermarkt nach der RUT gefragt. Die RUT ist die Sozialversicherungsnummer der Chilenen, vergleichbar mit unserer schweizer AHV-Nummer. Jedoch ist die RUT hier omnipräsent. Überall wird man danach gefragt und ohne diese Nummer geht fast nichts in Chile.


Das erste Mal, wo wir uns aktiv mit der RUT herumschlagen mussten, war, als wir eine SIM Karte kaufen wollten. Der Kauf an sich war kein Problem, aber wir wollten uns beim Anbieter einloggen können, um Prepaid Pakete kaufen zu können. Das Erste, was bei jedem Login gefragt wurde, war die RUT. Ohne diese war es unmöglich uns anzumelden. Zum Glück fanden wir am Schluss doch noch eine Telefongesellschaft, bei der man sich ohne RUT einloggen konnte.


Bei jedem Einkauf wird nach der RUT gefragt. Im Supermarkt und in vielen Geschäften und Tankstellen kann man mit der RUT Punkte sammeln, wie bei uns mit der Cumulus- oder Supercard. Uns hat erstaunt, dass wir noch keinen Chilenen gesehen haben, der seine RUT nicht angegeben hat. Grosse Käufe, wie Fahrzeuge, Grundstücke etc sind ohne RUT gar nicht erst möglich.


Als Reisende kommt man recht gut um die RUT herum, ausser man möchte etwas in einem Online-Shop bestellen. Ohne RUT ist dies bei den meisten Shops nicht möglich. Mit viel Glück kann man die RUT mit der Passnummer ersetzten, aber viele Systeme spucken dann eine Fehlermeldung aus und es funktioniert nicht. Auch online bezahlen via Kreditkarte ist ohne RUT häufig nicht möglich. Jede Kreditkarte in Chile ist an die RUT gekoppelt. Man muss also nicht wie bei uns, den Namen des Kreditkartenbesitzers angeben, sondern die RUT und wenn die Kreditkarte nicht auf die RUT passt, dann funktioniert es nicht.


Ein Geschäft hat sich einmal fast geweigert uns ein Paket mit unserer Passnummer anstatt RUT zu senden, da sie meinten es würde nicht ankommen. Erst als wir gesagt haben, dass wir die volle Verantwortung dafür übernehmen, wurde das Paket losgeschickt.


Was ist nun genau die RUT? Wie schon oben erwähnt, ist es die Sozialversicherungsnummer in Chile. Jeder Chilene oder jeder Ausländer mit einer Aufenthaltsbewilligung bekommt eine RUT, die lebenslang seine ist. Mit dieser Nummer wird alles im System erfasst. Man muss diese Nummer überall angeben. Nicht nur bei Käufen, sondern auch, wenn man zum Beispiel in ein privates Wohnviertel möchte mit Eingangskontrolle oder im Moment auch in allen Restaurants, wegen dem Contact Tracking. Anders als bei uns gibt es hier keine Adressen, auf die ein Name passt, sondern nur die RUT. Vor allem bei online Käufen waren wir immer wieder auf die Hilfe von Chilenen angewiesen, welche die Zahlungen für uns erledigt haben. Ohne sie hätten wir einige Dinge nicht bestellen können.

Falls man als Ausländer sich zum Beispiel ein Fahrzeug kaufen möchte, braucht man eine RUT. Es ist möglich auch ohne Aufenthaltsbewilligung eine RUT zu bekommen. Diese kann persönlich beantragt werden. Wir haben mehrfach überlegt, ob wir dies machen sollen, da aber alle Ämter während Covid geschlossen war, entschieden wir uns dagegen.


Für uns erstaunlich war, dass die RUT von den Chilenen überall bedenkenlos angegeben wird. Wie gesagt, wir haben nie jemanden gesehen, der die RUT nicht angegeben hat. Was mit all diesen Daten, die auf die jeweilige RUT passen, passiert, wissen wir nicht. Aber zumindest theoretisch kann fast jeder Schritt kontrolliert werden. Theoretisch können all diese Daten gesammelt werden und man weiss eigentlich alles über die jeweilige Person. Wir wissen nicht, ob das gemacht wird (wir hoffen stark nicht), aber Datenschutz scheint hier kein grosses Thema zu sein. Mit einer Fremden RUT und dessen Namen können sehr viele Dokumente inklusive Verträge (zum Beispiel Grundstückseigentum) und Zahlungsdetails öffentlich eingesehen werden. Wir haben immer wieder mit Chilenen über die RUT gesprochen und wir haben das Gefühl, dass sich die meisten nicht bewusst sind, was sie mit der RUT alles preisgeben. Dieses System scheint schon lange zu existieren und als völlig normal empfunden zu werden. Für uns ist dieses System recht befremdlich, da wir viele Freunde in unserem Umfeld haben, die extrem auf Datenschutz achten und nicht einmal eine Cumulus Karte in Betracht ziehen würden.


Für uns war das Thema RUT immer wieder extrem nervenaufreibend, da wir häufig ohne diese nicht weiter gekommen sind und viele Chilenen nicht verstehen konnten, warum wir keine RUT haben. Die meisten Reisenden, die durch Chile fahren, werden die RUT wahrscheinlich kaum bemerken. Aber da wir uns über 10 Monate im Land aufgehalten haben und wegen den geschlossenen Geschäften diverses übers Internet organisieren mussten, war es ein dauerhaftes Thema bei uns. Wir stiessen so oft wegen der RUT auf Grenzen und kamen nur mit sehr viel diskutieren oder fremder Hilfe weiter. Zum Glück konnten wir in den Geschäften alles ohne RUT kaufen und wir hatten immer chilenische Freunde, die uns mit Zahlungen ausgeholfen haben. Auch hier zeigt sich wieder, dass man als Reisende auch in einem so westlichen Land wie Chile immer wieder auf die Lokalbevölkerung angewiesen ist und diese auch immer wieder gerne bereit ist zu helfen.

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