Paraguay 2022
Grösse: 406,796 km2
Sprache: Spanisch, Guaraní
Währung: Guaraní
Bevölkerung: ca. 7.35 mio
wir waren da von: 21. Mai bis 23. Juni 2022
Kosten: 1'092 Fr.
Gefahrene Kilometer: 1'313km
Verbrauchtes Benzin: 140l
Volunteer Zeit: 2 Wochen (1 Einsatz)
Nächte im Zelt: 23
Bezahlte Unterkunft: 7 Tage Gästezimmer
Verpflegung: 215 Fr.
Wartung: Kontrolle + Einstellung Ventilspiel beide Motorräder
Auswanderungsland Paraguay
Paraguay ist ein touristisch sehr unbekanntes Land. Es gibt wenig Reisende, die länger in Paraguay unterwegs sind. Warum genau, fragten wir uns, als wir über die Grenze fuhren. Wenn man im Internet nach den Hauptattraktionen im Land sucht, tauchen nicht viele Dinge auf. Es gibt einige Nationalparks, ein paar Wasserfälle, historisch interessante Jesuitenruinen und das zweitgrösste Wasserkraftwerk der Welt, das sich Paraguay mit Brasilien teilt.
In jedem Land, in das wir einreisen, brauchen wir eine kurze Zeit, um ein Gefühl für dieses Land zu bekommen und herauszufinden, wie man genau reisen kann. Es gibt Länder und Regionen, in denen man überall wild zelten kann. In anderen ist es schwierig einen Zeltplatz zu finden und man sollte immer wissen, wo man abends hin kann und wenn möglich noch einen Plan B bereit halten. Dann gibt es Regionen, in denen man einfach drauf los fahren kann und wunderschöne kleine Strässchen findet, die an die schönsten und abgelegensten Orte führen. In anderen Regionen gibt es keine andere Möglichkeit, als die eine Strasse zu nehmen, die tausende von Kilometern geradeaus führt und auf der man bei jeder Tankstelle auffüllen muss, da man sonst mitten im Nirgendwo mit einem leeren Tank stehen bleibt. Doch was von all dem ist jetzt Paraguay?
Nachdem wir über die Grenze kamen und der Zöllner unseren Fahrzeugimport auf irgendeinem Fresszettel eingetragen hatte, fuhren wir nach Ciudad del Este, um wie immer etwas Bargeld und eine SIM Karte zu organisieren. Dies verlief recht zügig und ohne weitere Probleme. Wir waren schon mal positiv überrascht. Danach hiess es einen Zeltplatz organisieren. Auf unserer Zeltplatz-App fanden wir einen Zeltplatz in der Nähe, der zur Firma Itaipú gehört, diejenige Firma, der das Energiekraftwerk gehört. Um dorthin zu kommen, mussten wir uns in einem Büro voranmelden. Rino verschwand für diese Anmeldung mindestens eine halbe Stunde und kam dann etwas genervt wieder raus. Wir dürften da nicht hin, da es verboten sei mit Motorrädern oder Fahrrädern dorthin zu fahren, da es eine Schotterstrasse sei. So etwas haben wir bis jetzt auf unserer ganzen Reise noch nicht gehört, sonst durfte man die Schotterstrassen immer mit dem Motorrad oder einem Fahrrad befahren. Die Damen in diesem Büro waren aber sehr hilfsbereit und nachdem sie Rino lang und breit erklärt hatten, was man alles nicht darf, boten sie uns an, dass wir auf einem anderen Gelände von ihnen übernachten dürften. Sie mussten nur noch auf die Bewilligung von irgendjemandem warten. Als wir dann irgendwann die Adresse bekamen und dorthin fuhren, wurden wir an einem grossen Tor von bewaffneten Sicherheitsmännern und einer Schranke erwartet. Die Herren waren aber auch hier sehr hilfsbereit und bestätigten uns, dass wir hier übernachten dürften. Wir warteten auf eine Dame mit einem Golfwagen, die uns zu unserem Schlafplatz eskortierte. Zu unserem erstaunen war hinter dem Tor eine Freizeitanlage mit Park, Kinderspielplatz, vielen Wegen am See entlang, und viele Unterstände mit Grillplätzen. Bei diesen Grillplätzen durften wir übernachten und sogar die sanitären Anlagen wurden extra für uns geöffnet. Wir waren uns von Argentinien gewohnt, dass diese Plätze immer voll mit Leuten sind, und wir erwarteten für den nächsten Tag (Samstag), dass wir den ganzen Tag mit lauter Musik bestrahlt werden. Doch hier war an einem Freitag Nachmittag niemand. Am Samstag morgen wurden wir früh geweckt, da ein Marathon auf diesem Areal endete. Als dieser kurz vor Mittag vorbei war, waren wir für den Rest des Tages wieder alleine. Ausser die Security, die immer wieder vorbei fuhr und uns nett fragte, ob alles in Ordnung sei. Für uns fühlte sich dieser Ort recht komisch an. Wir hatten den Eindruck, dass alles sehr geregelt und kontrolliert sei, überall am Seeufer standen Tafeln mit der Auflistung, was man alles nicht machen darf. Aber der Ort war wirklich schön und die Sicherheitsmänner äusserst nett.
Um ein besseres Gespür für das Land zu bekommen, entschieden wir uns, einfach loszufahren und einige kleine Strässchen abseits der Hauptachse auszutesten. Deshalb entschieden wir uns, von Ciudad del Este aus in Richtung Süden zu fahren und dann Richtung Westen. So weit das Auge reichte, fanden wir dort Farmland, hauptsächlich Maisfelder. Einige kleine Wäldchen liessen erahnen, dass es hier mal bewaldet war. Und prompt bestätigte uns dies ein Mann, den wir in einem Dorf trafen. Zu unserem Erstaunen sprachen dort alle portugiesisch und nicht spanisch. Er erklärte uns voller Stolz, dass hier vor 40 Jahren noch nichts war und dann die Brasilianer gekommen sind und die Region zu dem gemacht haben, was sie heute ist. Gigantisches Farmland, auf dem gentechnisch veränderter Mais und wahrscheinlich auch noch Soja oder Baumwolle angepflanzt wird. Und ja, wir konnten den Reichtum, der das gebracht hat in den Herrenhäusern der Grossgrundbesitzer erkennen.
Weiter ging es, meist über kleine Erdstrassen nach Westen, wo wir uns bei einer schweizer Familie zum zelten angemeldet hatten. Herzlich wurden wir von Urs, Maya, Noel und Anna begrüsst. Eine schweizer Familie, die vor rund 4 Jahren aus der Schweiz nach Paraguay auswanderten, sich hier ein wunderschönes Stück Land kauften und seither viel Energie und viele Arbeitsstunden in ihr Projekt stecken. Aus eigentlich einer Übernachtung wurden fast zwei Wochen. Wir fühlten uns bei ihnen extrem wohl und da es für einige Tage sehr stark regnete, durften wir sogar mit ihnen am Familientisch essen. Für uns war dieser Ort ein kleines Paradies. Die Energie dort zog uns sofort in ihren Bann und einmal mehr bekamen wir grosse Lust, selbst etwas aufzubauen. Maya und Urs haben aus einem wilden Grundstück ein Paradies erschaffen. Als wir da waren, bauten sie das 14te Gebäude! Es ist im Moment ein Gästebetrieb mit Gästezimmern, Restaurant, Kursort, Therapieort, Kurort, Bauernhof mit Kühen, Schweinen und Hühnern und es wird immer mehr zum Zuhause von anderen Auswanderern, die auf dem Grundstück ihr neues Zuhause bauen werden. Ein riesiger unberührter Wald gehört mit dazu und sie haben schon knapp 1'000 neue Bäume gepflanzt. Man spürt ihren Tatendrang und die Freude, mit der sie jeden Tag arbeiten. Für uns waren diese zwei Wochen bei Ihnen eine grosse Freude und es war sehr bereichernd ein solches Beispiel an Tatendrang zu sehen. Es ist unglaublich, was man alles schaffen kann, wenn man nur möchte, viel Energie hinein steckt und anpackt. Das Schönste waren all die kleinen Details, die man überall sah. Noel machte aus sämtlichen Betonreste kleine Herzen, die überall auf dem Grundstück verteilt liegen, überall findet man liebevoll Sprüche, die Liebe verbreiten, jedes Gebäude und jedes Detail wurde mit viel Kreativität und Liebe gemacht. Wir konnten so viel lernen und können so viele Eindrücke mitnehmen. Es fiel uns sogar schwer, wieder weiter zu ziehen, aber wir hoffen sehr, dass wir sich unsere Wege wiedereinmal kreuzen werden.
Bei Urs und Maya erfuhren wir viel über die momentane Auswanderungswelle, die viele deutschsprachige nach Paraguay führt. Auch im Dorf spürte man dies sehr stark. Überall sieht und hört man Deutschsprachige und dadurch bekommt man viele Produkte, wie zum Beispiel guten schweizer Käse, die man sonst nicht findet. Paraguay ist schon lange ein beliebtes Auswanderungsland. Wer Ruhe und Freiheit in einem wärmeren Klima sucht, der ist in Paraguay genau richtig. Bauvorschriften gibt es keine und man ist hier in seinem täglichen Tun extrem frei. Auch die Bürokratie scheint recht gut zu klappen, sodass man nicht einmal damit grosse Probleme hat. Das gute an Paraguay ist, dass es ein Land ist, das international auf kein grosses Interesse stösst. Es wird leicht vergessen, hat nicht allzu viel (ausser die grösste Cannabisproduktion in ganz Südamerika) und wird deshalb international recht in Ruhe gelassen. Durch die momentane Situation mit Covid und der generellen internationalen Entwicklung und deren Unsicherheiten, ist die Stimmung hier bei den Auswanderern eher etwas angespannt. Niemand weiss, was die Zukunft bringen wird, und viele fühlen sich wohl, wenn sie das, was sie haben investieren können und sich ein Leben hier aufbauen können, in dem sie unabhängig und frei leben können.
Von Maya und Urs wurden wir weiter gereicht zu einem deutschen Ehepaar Stefanie und Martin, die etwa zur selben Zeit wie Urs und Maya nach Paraguay kamen. Doch ihr Schwerpunkt bei der Auswanderung lag auf etwas anderem und zwar der Selbstversorgung. Als sie in Paraguay ankamen, mieteten sie sich ein Haus und machten sich auf die Suche nach dem perfekten Stück Land. Doch schon vom ersten Tag an, begann Stefanie Stecklinge von Bäumen zu suchen und aufzuziehen. Als sie dann ein knappes Jahr später ihr Land gefunden hatten, hatte sie schon rund 1'000 kleine Bäume, die sie direkt auf ihr Grundstück pflanzen konnte. Somit können sie jetzt, 3 Jahre später schon viel Obst, wie Mangos, Papayas, Bananen und vieles mehr pflücken. Und nicht nur in Obstbäume haben sie investiert. Stefanie hat einen riesigen Selbstversorgergarten angelegt, aus dem sie den grössten Teil ihrer Nahrung beziehen. Auch sie zwei haben auf einem verwilderten Stück Land bei null angefangen und haben 3 Jahre im Zelt gelebt, bis die Grundversorgung wie Wasser und Strom und ihr kleines Häuschen fertig war. Das für uns Interessanteste an diesem Gemüsegarten, war die Art und Weise, wie Stefanie gärtnert. Wie sie die Gärten anlegt ist sehr harmonisch und nicht unbedingt konventionell, sie versucht in ihren Gärten durch verschiedene Methoden den Energiefluss zu erhöhen und so ein harmonisches Umfeld zu schaffen. Auch hat sie gemerkt, dass es sich nicht lohnt, gegen Ungeziefer zu kämpfen. Wenn sie ein Ungezieferproblem hat, das sie nicht lösen kann, legt sie einen neuen Garten an einem anderen Ort an und das Ungezieferproblem löst sich meist von selbst, sodass sie wieder zurück kommen kann. Auch lässt sie von allen Gemüsesorten einige stehen und im Beet verwelken, sodass sich das Gemüse immer mehr selbst vermehrt und sie immer weniger Setzlinge ziehen muss. Wir durften drei Tage zu Gast sein bei Ihnen und konnten auch hier ein wundervolles Beispiel eines Auswanderungsprojektes sehen. Auch hier erstaunte uns sehr, was möglich ist und was man in einigen Jahren alles erreichen kann. Leider gab es in der Zeit unseres Besuches einen kleinen Vorfall, der für uns im ersten Moment ein kleiner Schock war. Und zwar verspürte eine ihrer Katzen den Drang, unser Zelt zu besteigen und als sie auf der Rückseite hinunter rutschte, versuchte sie sich mit ihren Krallen am Zelt festzuhalten. Da dies der Zeltstoff aber nicht aushielt, fiel die Katze herunter und unser Zelt hatte ein grosses Loch.
Um dieses Loch zu reparieren brauchten wir eine Nähmaschine und einige Zeit, in der wir nicht im Zelt schlafen mussten. Dabei half uns Marion und René, zwei schweizer Auswanderer, die vor über 20 Jahren hierher kamen. René ist bekannt als der Nudel-René, da er viele Jahre hausgemachte Nudeln verkaufte. Nebenbei wurde der Ort immer mehr zu einem Campingplatz für Overlander (Langzeitresende, die meist mit Auto/ Bus/ Lastwagen unterwegs sind). Die Pastafabrikation gibt es nicht mehr, aber der Namen 'Hasta la Pasta' ist geblieben und es ist einer der bekannteste Ort in Paraguay für Langzeitreisende. Da wir im Moment nicht in unserem Zelt übernachten konnten, boten sie uns eines ihrer Gästezimmer an. Also nutzen wir die Zeit und klebten und nähten, bis das Zelt wieder in Stand und wasserdicht war. Wie es der Zufall so will, kam René's Sohn aus der Schweiz zu Besuch und brachte uns unsere neuen Bankkarten und noch einige Ersatzteile mit. Ein für uns super Zufall, da wir schon länger überlegten, wie unsere neuen Bankkarten zu uns kommen.
Nach zwei Wochen bei René und Marion wollten wir noch ein bisschen Paraguay erkunden. Bis jetzt hatten wir noch nicht viel von Paraguay gesehen. Eigentlich waren wir interessiert an den Nationalparks, davon waren aber wegen Corona noch viele geschlossen, es gab weit und breit keine Zeltplätze, man konnte sie nicht besuchen oder man konnte sie zwar besuchen, aber nur sehr eingeschränkt, meist nur mit einer geführten Tour oder man musste für jeden Weg, den man laufen möchte bezahlen. Dies ist leider eine starke Tendenz, die wir in Paraguay feststellen konnten und uns auch von der lokalen Bevölkerung bestätigt wurde. Es gibt in Paraguay zwar Dinge zu besichtigen und zu besuchen, aber es ist alles kostenpflichtig. Ausserdem stellten wir fest, dass für all diese Orte starke Beschränkungen galten. Wenn man den einen Nationalpark-Flyer öffnete, war die erste Seite die man sieht knallrot und voll mit Aufzählungen, was man alles nicht darf. Auch auf fast allen Zeltplätzen stellten wir fest, dass es viele Tafeln gibt, auf denen all die Dinge stehen, die man nicht machen darf. Wir entschieden uns mehr die Landschaft und die Erdstrassen zu geniessen und fuhren gemütlich Richtung Nordosten nach Brasilien.
Leider hatten wir in Paraguay nicht allzu viel Kontakt mit der lokalen Bevölkerung. Für uns war es eher schwierig mit ihnen in Kontakt zu kommen, da sie zwar sehr freundlich waren, aber häufig recht reserviert. Viele der Paraguayer gehören zur indianischen Ethnie der Guaranís und sprechen auch die Sprache Guaraní. Paraguay ist das einzige Land in Südamerika, das eine indigene Sprache als offizielle Landessprache anerkennt. Neben dem Guaraní ist Spanisch die zweite Landessprache. In vielen ländlichen Teilen, durch die wir durch kamen, bemerkten wir, dass die Hauptsprache Guaraní war und nicht Spanisch. Dies erschwerte den Kontakt, da die Leute extra Spanisch sprechen mussten, was für sie eine Fremdsprache ist. Aber überall wo wir in Kontakt kamen mit den Paraguayos waren sie sehr freundlich, hilfsbereit und plauderten auch gerne mal. Kurz vor der Grenze zu Brasilien, wurden wir auf der Strasse von einem Auto angehalten. Der Fahrer war von einem Motorradclub im Grenzort zu Brasilien und lud uns zu sich nach Hause ein. Gerne nahmen wir diese Einladung an und fuhren zwei Tage später auf den Parkplatz eines Waffengeschäftes in Pedro Juan Gaballero. Wie sich heraus stellte, war unser Gastgeber der Besitzer eines Waffengeschäftes. Pedro Juan Gaballero (Paraguay) und Ponta Porã (Brasilien) bilden eigentlich eine Stadt mit einer unsichtbaren Grenze. Jeder der dort wohnt, bewegt sich konstant zwischen den beiden Ländern hin und her. Eine Grenzkontrolle gibt es nicht. Um die notwendigen Grenzformalitäten zu regeln, muss man diverse Gebäude abklappern, fährt aber auch dann immer noch konstant zwischen den beiden Ländern hin und her. Wir wurden von Memmel (Besitzer des Waffengeschäftes) zu sich nach Hause eingeladen und von seinem Motorradclub 'Cabras MC' zu einem Asado (Barbecue) eingeladen. Wir verbrachten einen sehr netten, feuchtfröhlichen Abend mit dem paraguayischen und einem brasilianischem Motorradclub. Somit hatten wir das perfekte Abschieds- und Willkommen-Asado am gleichen Abend. Am nächsten Tag fuhren wie dann offiziell nach Brasilien.