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Chile 2021

5 Vom Süden in den Norden

In Chile gibt es nur zwei Richtungen, den Norden und den Süden. Auf der Ruta 5, der Autobahn, die durch ganz Chile führt gibt es bei der Einfahrt häufig nur Tafeln mit der Aufschrift Norden oder Süden. Da Chile so schmal ist, dafür aber extrem lang, genügen diese Angaben meist. Als wir anfangs August von der Husky Farm wegfuhren, war der Plan, noch einige Zeit eher im Süden zu bleiben, damit wir zurück können, falls es doch noch Schnee gibt. Zur Erinnerung, im August ist in Chile Winter und im Süden ist es viel kälter als im Norden (alles anders als in Europa). Da der Wetterbericht einige schöne und für den Winter auch verhältnismässig warme Tage angesagt hatte, nutzten wir die Chance auf die Insel Chiloé zu gehen. Damals war uns noch nicht bewusst, was für ein Glück wir hatten, da es in Chiloé sozusagen immer regnet und wir 5 Tage ohne Regen da waren und das noch im Winter, wenn es eigentlich so gut wie immer regnet! Nun gut, jetzt habe ich vorgegriffen.

Als wir von der Husky Farm los fuhren, war unser Ziel nicht weit weg, wir wollten einfach nur raus in die Natur. Wir fuhren an die Küste zu einem Zeltplatz, der nur mit einer winzigen Fähre zu erreichen ist. Die Überfahrt dauert etwa zwei Minuten, ist gratis und die Fähre fährt andauernd. Wir fanden so einen wunderschönen Platz, direkt am Meer zwischen Bäumen auf einer Wiese. Wir verliebten uns sofort in diesen Platz und so verbrachten wir schlussendlich 5 Nächte dort. Am ersten Tag blieben wir, weil es so schön war und die darauf folgenden Tage blieben wir, weil es immer wieder regnete. Gesellschaft hatten wir die ganze Zeit von zwei lieben Hunden, die wir Salacia und Neptun nannten. Sie wichen selten von unserer Seite, schliefen vor unserem Zelt und begrüssten uns freudig, wenn wir am morgen aus dem Zelt kamen. Als der Regen vorüber war, fuhren wir weiter Richtung Süden, bis wir dann mit einer Fähre auf die Insel Chiloé gelangten.

Chiloé ist bekannt für seine Natur, seine uralten Kirchen, seine Kultur und dass es immer regnet (es regnet 4 Mal so viel wie in der Schweiz). Wieder Erwartens ist Chiloé recht dicht besiedelt und freie Natur findet man am meisten in den Nationalparks. Trotzdem fanden wir einige wunderschöne Wildcamping Plätze, an denen wir die Natur bestaunen konnten. Das Highlight war sicher auf einer Klippe von der aus wir stundenlang Delphinen zuschauen konnten, wie sie im Wasser gespielt haben. An der Küste entlang findet man viele kleine verschlafene Fischerdörfer mit super netten Leuten. Wir fühlten uns in Chiloé sehr wohl. Auch die bekannten Kirchen mussten wir natürlich besuchen. Zu Kolonialzeiten bauten die Jesuiten diese Holzkirchen, von da aus die Missionierung der Urbevölkerung begann. Schon nach fünf Tagen war unser Besuch von Chiloé zu Ende, da eine zweiwöchige Regenfront auf den Süden auf uns zukam und wir diese nicht in unserem Zelt bei Temperaturen konstant unter 10 Grad ausharren wollten.

Deshalb taten wir etwas, das wir normalerweise nie tun, aber manchmal muss man Ausnahmen machen. Wir nahmen die Ruta 5 (die Autobahn) in Richtung Norden und fuhren in 3 Tagen 1200km nach Casablanca. Wir finden erstens Autobahn fahren schrecklich langweilig und es macht uns einfach keinen Spass, da man überhaupt nichts sieht. Aber wir mussten diesmal einfach vor dem Regen weg fahren und wir wussten, dass wir nicht zum letzten Mal diese Strecke fahren werden.

In Casablanca wieder bei unserem zweiten Host Louis angekommen, war unsere grosse Mission einige Dinge und eine Tollwut Impfung in Santiago zu organisieren. Chile ist ein extrem zentralisiertes Land. Wir haben versucht von Villarrica aus diese Tollwut Impfung zu organisieren und wir bekamen in allen Privatkliniken der umliegenden grossen Städten die selbe Antwort: „wir haben diese Impfung nicht, aber vielleicht gibt es sie in Santiago“. Und es ist nicht nur mit der Impfung so, sondern mit allem. Wenn man etwas braucht, dann findet man es in Santiago und zwar nur in Santiago. Bei einem Land, dass über 4'000km lang ist, ist dieses System unserer Meinung nach recht unpraktisch. Aber gut, wir hatten das grosse Glück, dass uns Louis einmal mehr aufnahm und dann machten wir zu dritt einen Tagesausflug nach Santiago und wir kauften alles, was wir für unsere Motorräder noch brauchten und wir bekamen schlussendlich auch super einfach die Tollwut Impfung.

Danach ging es schon wieder weiter in Richtung Norden. Wir hatten ja die Region Coquimbo schon ausgiebig bereist und so fuhren wir direkt weiter. Schon die Region Coquimbo ist sehr trocken und die Flora ist karg. Je weiter wir in den Norden kamen, desto karger wurde es, bis irgendwann kein Gras und kein Busch mehr übrig war. Dann war klar, wir sind in der Atacama Wüste angekommen. Der Kontrast war enorm, denn eine Woche zuvor fuhren wir noch durch Wälder, an grünen Wiesen vorbei und die Natur erinnerte uns stark an die Schweiz. Und jetzt waren wir in den total kahlen Anden, wo nicht einmal mehr ein Kaktus wächst. Die Atacama Wüste ist die trockenste Wüste der Welt. Es regnet regelmässig alle 6-10 Jahre fast sintflutartig. Dann erblüht die Wüste in den schönsten Farben. Eine kalte Meeresströmung, die von der Antarktis her kommt, verhindert die Bildung von Regenwolken, bringt aber auch viel kalte Luft mit sich. Somit ist die Atacama Wüste vor allem an der Küste alles andere als warm und wir mussten uns nachts gut im Schlafsack einpacken. Die Küstenregion bringt einen unglaublichen Kontrast zu der Kargheit der Wüste. Man findet viele traumhafte, weisse Strände mit türkisfarbenem Meerwasser. Wir waren beide noch nicht in der Karibik, aber so stellen wir uns die Strände dort vor. Nur endet in Chile die Wüste im Meer statt Palmen. Wir fuhren viele Kilometer an der Küste entlang und fanden viele spektakuläre Orte. Wir zelteten an menschenleeren Orten und blieben auch gerne mal zwei Nächte an einem Ort, da die Natur unglaublich war und weit und breit keine Menschen zu sehen waren.

Kurz vor der Küstenstadt Antofagasta befindet sich die Skulpur 'mano del desierto', die Hand der Wüste, bei der man einfach kurz anhalten und ein Foto machen muss. Es ist wahrscheinlich das bekannteste Foto für alle Südamerikareisende, also brauchten auch wir eines. Es ist eine 11 Meter hohe Hand aus Beton, die aus dem Wüstenboden schaut und sich neben der Ruta 5 befindet. Die Bedeutung ist nicht ganz klar, einige meinen, sie wurde als Erinnerung an die Hoffnunglosigkeit und Verzweiflung der Menschen während der Diktatur in den 70iger Jahren in Chile erbaut, andere meinen, sie sollte daran erinnern, dass wir nicht noch weiter die Natur zerstören dürfen, da sonst irgendwann der ganze Planet eine Wüste ist. Egal welche Interpretation die richtige ist, die Skulptur ist beeindruckend in ihren Dimensionen.

Nun trennten uns nur noch wenige hundert Kilometer von unserem neuen Zwischenziel San Pedro de Atacama. Eine kleine Stadt auf 2500m.ü.M in den Anden, nahe an der Grenze zu Argentinien und Bolivien. Sie ist wahrscheinlich die tourististe Stadt in Nordchile mit viel Charme und man kann schon ein wenig ahnen, wie es in Bolivien so zu und her gehen könnte. Da aber im Moment noch alle Grenzen geschlossen waren, wollten wir noch überhaupt nicht über Bolivien nachdenken. Um nach San Pedro de Atacama zu gelangen, folgten wir einem Tipp von einigen Lastwagenfahrern und fuhren am grössten Salzsee von Chile, dem Salar de Atacama vorbei.

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